203 $. 75. Die Ausbildung der Landeshoheit.
den Herzogen von Österreih und dehnte sich mehr und mehr
aus, ohne sich von dem deutschen Reiche zu trennen.
Nachdem Kaiser Albrecht von seinem Vetter Herzog Jo-
hann, dem er sein väterliches Erbe vorenthielt, 1308 ermordet
worden war, wurde Heinrichen, Graf von Luxemburg
gewählt, der seinem Hause Böhmen erwarb, dagegen ver-
gebens die kaiserliche Macht wieder in Italien geltend zu
machen suchte.
Nach seinem plötzlichen Tode erfolgte eine zwiespältige
Kaiserwahl (1314), so daß zwischen den Gewählten, Lud-
wig dem Bayern und Friedrich dem Schönen von
Österreich, ein heftiger Krieg um die Krone ausbrach, der
fortdauerte, bis Ludwig durch die Schlacht bei Ampfing
(1322) die Oberhand bekam. Doch hatte er von den Päpsten,
die ihn fortwährend mit Bann und Interdict verfolgten, viel
zu leiden; aber die Treue seiner Stände und zuletzt der
1338 von dem Kurverein zu Rense (d. i. von den daselbst ver-
einigten Kurfürsten) gefaßte Beschluß, daß forthin der
Kaiser seine Würde und Macht ohne päpstliche Be-
stätigung aus üben könne, erhielt nicht nur ihn, sondern
auch die Würde der deutschen Nation aufrecht: denn
Papst Johann Xxii hatte (auf Betrieb des Königs von
Frankreich) die Prüfung der Kaiserwahl, ja die Reichsver-
wesung in Anspruch genommen und sogar die deutsche Krone
einem französischen Prinzen geben wollen (— wie denn über-
haupt Frankreichs Könige im Verlaufe der Geschichte gar oft
die deutsche Kaiserwürde an sich zu bringen suchten).
Ludwig's Nachfolger, Karl Iv von Luxemburg (1347),
sorgte mehr für sein Böhmen, als für Deutschland, und vergab
aus Eigennutz den kaiserlichen Rechten sehr viel, schützte aber
1336 durch die goldene Bulle, wodurch das Wahlrecht der
Kurfürsten festgesetzt wurde, die Kaiserwahl gegen fremde
Eingriffe; wiewohl dadurch zugleich die Fürstenmacht ein
noch größeres Übergewicht bekam, als sie vorher schon
über die Kaisermacht hatte. Karl war der letzte Kaiser, der sich
zugleich als König von Burgund krönen ließ. (S.§.79a.e.)
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Extrahierte Ortsnamen: Luxemburg Italien Lud- Ludwig Frankreich Frankreichs Luxemburg Deutschland Burgund
248 r §. 89. Fortgang der Reformation.
Luther den großen und kleinen Katechismus ausarbeitete, mit
allem Ernst und Fleiß betrieben.
Da sich, hiedurch erschreckt, die katholisch gebliebenen
Fürsten über strenge Gegenwirkungen beriechen, schloßen die
evangelischen Fürsten zur Sicherung des Errungenen
1326 das Torgauer Bündniß. Dagegen brachten die katho-
lischen Stände, die sich unterdessen (bei Gelegenheit der Krö-
nung Ferdinands zum Könige von Böhmen) näher verständiget
hatten, cs dahin, daß
1329 der Reichstag zu Speyer, (den zunächst das Vordrin-
gen der Türken veranlaßte) das bisher nicht befolgte Wormser
Achtsedict gegen Luther erneuerte und jede weitere Verbreitung
seiner Lehre verbot, wogegen aber die evangelischen Stände
feierlich protestirten und daher den Namen Protestanten
erhielten.
Nun brachten.einige lutherische Stände (namentlich Hessen
und Sachsen) ein Bündniß mit den Zwinglischgesinnten in
Vorschlag, aber Luther, der in verschiedenen Ansichten Zwing-
li's offenbare Abweichungen vom wahren Glaubensgrunde
sah, rieth davon ab. Um daher eher zum Zwecke zu kommen,
suchte der Landgraf von Hessen, welcher Luthers Lehre inner-
lich weniger erfaßt hatte, zunächst die streitenden. Theologen
zu vereinigen, und lud sie daher noch in demselben Jahre zu
einem Religionsgespräch nach Marburg. Allein
Luther und Zwingli konnten sich dabei über die Lehre
vom heiligen Abendmahl nicht vereinigen, und obwohl sie
persönlich in Liebe schieden, so blieb doch die längst eingetre-
tene verderbliche Trennung der Protestanten in Luthera-
ner und Reformirte fortbestehen; ja sie schärfte sich
in der Folge nur noch mehr. (s. §. 91 a. E.)
Da man den Kaiser, der die Protestation nicht ange-
nommen hatte, immer strenger auftreten sah, so entstund
unter den lutherischen Ständen die Frage über das Recht
des Widerstandes gegen das Reichsoberhaupt. Obgleich
die sächsischen Juristen dieses Recht behaupteten, so erklärte
«doch Luther, daß dasselbe nicht in der heiligen Schrift ge-
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Extrahierte Personennamen: Ernst Ferdinands Luthers Luther
250
§- 89. Fortgang der Reformation.
Schutzschrift ausgehen, welche unter dem Namen Apolo-
g i e sammt jenem Glaubensbekenntnisse zu den symbolischen
Schriften der lutherischen Kirche gehört.
Weil aber nun der Kaiser in dem Reichsabschiede den
Protestanten die letzte Frist zur Rückkehr in den Schooß
der katholischen Kirche setzte, und das mit lauter Katholi-
ken besetzte Reichskammergericht zunächst im Prozeßwege
den Protestanten beizukommen suchte: so schloßen die meisten
protestantischen Stände zur Vertheidigung ihres Glaubens
und ihrer Gerechtsame
1331 den schmalkaldischen Bund, den sogar diejenigen
katholischen Fürsten nicht ungern sahen, welche Österreichs
Übermacht (durch die Erhebung Ferdinands zkm deutschen
König) fürchteten. Doch die anf's neue drohende Türken-
gefahr bewog den Kaiser, mit den protestantischen Ständen
1332 den Nürnberger Neligionsfrieden zu schließen,
der zwar unter der Bedingung, daß man die kammer-
gerichtlichen Prozesse gegen die Protestanten einstellen
wolle, zu Stande kam, ihnen aber wegen Mangels rechts-
giltiger Form (nämlich der Zustimmung der katholischen
Ständemehrheit) noch keine Sicherheit gewähren konnte.
Doch beschwichtigte er eine Zeit lang den Ausbruch der
feindlichen Stimmung, und hatte für das gemeinsame deutsche
Vaterland den günstigen Erfolg, daß die Türken, über-
rascht von der Einigkeit der Deutschen, welche sich mit dem
größten Heere, das man seit Jahrhunderten in der Ehri-
stenheit gesehen hatte, bei Wien versammelten, ihren Rück-
zug schon in Ungarn wieder antraten, das sie jedoch noch
in ihrer Gewalt behielten.
Unterdessen war in der Schweiz der Haß der Reli-
gionsparteien (s. §. 88 a. E.) zum vollen Ausbruch ge-
kommen. Da die fünf kleinen katholischen Cantone,
wider das eidgenössische Recht, einen Bund mit Österreich
schloßen, ja Unterwalden vorher sogar ins Bernische ein-
gefallen war, so trieb Zwingli zum Krieg gegen dieselben,
mußte aber, da jene durch Berns Vermittlung den Bund
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256 $. 91. Die Religionskriege in Deutschland.
neutral bleiben wollte, so suchte der Kaiser einen Anhalt
an England und an den protestantischen Stän-
den in Deutschland, und ließ es darum geschehen, daß
der schmalkaldische Bund den Herzog Heinrich von
B r a u n sch w e i g, der einige schmalkaldische Städte hart be-
drängte, aus seinem Lande vertrieb.
Bei seinem Wiedererscheinen in Deutschland bestrafte nun
zwar der Kaiser den mit Frankreich verbündeten Herzog von
Cleve und zwang ihn, die Reformation in seinem Lande wie-
der aufzuheben; versprach aber den protestantischen Ständen
Deutschlands ein allgemeines freies Concilium und Rechts-
gleichheit vor dem Reichskanlmergericht, und erhielt so ihre
Hülfe zum Zuge gegen Frankreich, auf welchem er nun
den König Franz durch eine rasche Wendung gegen Paris da-
hin brachte, daß derselbe
1544 den Frieden von Crespy eingieng, worin Franz auf
Italien, Karl auf Burgund verzichtete.
3. Die Religionskriege in Deutschland.
$• 91. Obgleich nun wegen dieses glücklichen Ausgangs der Kai-
ser mit Nachdruck in Deutschland hätte auftreten können, zu-
mal die Mitglieder des schmalkaldischen Bundes unter sich
uneinig waren, so fuhr der Kaiser dennoch fort, die Prote-
stanten schonend zu behandeln, weil erhoffte, sie würden sich jetzt
dem Concilium fügen, das aufseinen Betrieb Papst Paul Iii
ausschrieb, so daß nun wirklich
1845 das Concilium zu Trident (oder Trient) seinen A n-
fang nahm.
Allein die protestantischen Stände Deutschlands sahen die-
ses Concilium, weil es ihnen nicht angekündigt wurde und es
auch anfangs nur mit ausländischen Theologen besetzt war,
für kein freies an und verlangten ein Concilium deut-
s ch e r Nation.
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Extrahierte Personennamen: Heinrich_von
B Heinrich Cleve Franz Franz Crespy Franz Franz Karl_auf_Burgund Karl Paul
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland England Deutschland Deutschland Frankreich Deutschlands Frankreich Paris Italien Deutschland Deutschland
260 §. 9l Die Religionskriege in Deutschland.
neue Papst Julius Iii verlegte das Concil wieder nach Trient
zurück, und da jetzt auch die deutschen Erzbischöffe und Prälaten
ihren Sitz dort einnahmen, so schickten auch einige protestantische
Fürsten, darunter Sachsen, ihre Theologen zum Concil. Schon
schien der Kaiser seinem Ziele, der Beschränkung päpstlicher Ge-
walt, nahe zu seyn, als sich plötzlich die auswärtigen Angelegen-
heiten wieder so drohend gegen ihn gestalteten, daß er es für
gut fand, vor Allem den Widerstand in Deutschland zu brechen.
Er befahl daher Moritzen, an dem widerspenstigen Magde-
burg die Reichsacht zu vollstrecken, und dieser schloß die
Stadt mit einem Heere ein.
Da aber ganz Deutschland den vom Kaiser ausgehenden
Druck täglich härter empfand und den Moritz als Urheber
desselben ansah und verabscheute; Moritz selbst aber mit des
Kaisers Politik unzufrieden war (theils weil dieser seinen
Schwiegervater fortwährend in hartem Gewahrsam hielt, theils
weil der Kaiser damit umgieng, seinen Sohn, den sp a n i sch e n
Philipp, den Deutschen zum Nachfolger im
Kaiserthum aufzudringen): so änderte Moritz plötz-
lich seine Gesinnung gegen den Kaiser. Er schloß insgeheim
mit einigen protestantischen Fürsten einen Bund und verschaffte
sich von König Heinrich Ii von Frankreich Geldhülfe gegen
das Versprechen, ihm dafür das Reichsvicariat von M e tz,
Tou), Verdun und Cambray (Kammerich) zu überlassen;
alsdann vertrug er sich mit der Stadt Magdeburg, brach mit
seinen Bundesgenossen Wilhelm von Hessen und Mark-
graf Albrechtvonbrandenburg-Culmbach gegen
den Süden auf und überfiel den nichts Arges ahnenden
Kaiser in Innsbruck, so daß dieser kaum Zeit hatte
nach Kärnthen zu entfliehen.
Hierauf berief sein Bruder, König Ferdinand, die pro-
stantischen und katholischen Fürsten zu einem Fürstentag nach
Passau, auf welchem
1832 im Passauer Vertrag den Protestanten Augsburgischer
Confession völligegewifsensfreiheit eingeräumt und die
bürgerliche Rechtsgleichheit in Aussicht gestellt wurde. Nachdem
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Extrahierte Personennamen: Julius_Iii Moritz Moritz Philipp Philipp Moritz_plötz- Heinrich_Ii_von_Frankreich_Geldhülfe Heinrich Wilhelm Ferdinand
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Sachsen Deutschland Deutschland Verdun Magdeburg Hessen Albrechtvonbrandenburg-Culmbach
280
h. 96. Der dreißigjährige Krieg.
2. Das siebzehnte Jahrhundert.
fl. Der dreißigjährige Krieg.
rr) Der böhmisch-pfälzische und der niedersächsisch-
dänischekrieg.
§. 96. ^ie Spannung der Katholiken und Protestanten in
Deutschland stieg unter der schwachen Regierung Ru-
dolfs Ii, des Sohnes Marinülians Ii, durch gegenseitige
Eingriffe immer höher. Die Protestanten drangen auf Er-
neurung der Religionsfriedcns - Bestätigung, die man ihnen
aber nur gegen Herausgabe der seit dem Passauer-Vertrag
eingezogenen Güter gewähren wollte. Als daher die Unter-
drückung der Protestanten insteyermark und die Ächtung Do-
nauwörths ihre Besorgnisse steigerte, so schloßen sie 1608
eine Union zum Schutze ihrer Rechte unter dem reformirten
Kurfürsten Friedrich Iv von der Pfalz, wogegen als-
dann die Katholiken eine Liga unter dem Herzog Maxi-
milian von Bayern schloßen. Beide Theile geriethen
kurz darauf bei Gelegenheit des Iülichischen Erbfolgestreites mit
den Waffen aneinander; doch machten sie bald wieder Frieden.
Als nach Rudolfs Tode sein Bruder Mathias Kai-
ser wurde, ließ er sich bereden, seinem Vetter Ferdinand,
als künftigem Nachfolger, einstweilen die Regierung von Böh-
men, Ungarn und Österreich zu übertragen. Weil aber der
sirengkatholische Ferdinand in seinen Erblanden Steyermark,
Kärnthen und Krain den Protestantismus völlig unterdrückt
hatte, so befürchteten die protestantischen Stände in Böhmen,
welche von Rudolf im sogenannten Majestätsbriefe
freie Religionsübung erhalten hatten, das gleiche Schicksal.
Wirklich wurde auf kaiserlichen Befehl von zwei Kirchen,
welche von protestantischen Unterthanen katholischer Stände
gebaut worden waren, die eine niedergerissen, die andere
geschlossen, und als die protestantischen Stände sich darüber
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Marinülians Bayern Iülichischen_Erbfolgestreites Rudolfs Ungarn Krain
§. 96. Der dreißigjährige ñrreg.
231
beschwerten, erhielten sie einen scharfen Verweis. Wüthend
darüber warfen Abgeordnete dieser Stände unter Anführung
des Grafen Mathias von Thurn zwei katholische Mit-
glieder der kaiserlichen Statthalterschaft in Prag zu den
Fenstern der Schloßkanzlei hinab. Die Folgen dieser rohen
Gewaltthat voraussehend, rissen dann die protestantischen
Stände die Regierung an sich, weigerten sich nach dem
kurz darauf eingetretenen Tode des Kaisers Mathias den
nunmehrigen Kaiser Ferdinand! als ihren König an-
zuerkennen, und gaben dem Kurfürsten Friedrich V von
der Pfalz die böhmische Krone, die derselbe, angetrieben
von seiner ehrgeizigen Gemahlin, ungeachtet der Abmah-
nung aller Kurfürsten, so wie auch Frankreichs und Eng-
lands , aus Eitelkeit annahm. So entstund
1618 der dreißigjährige Krieg.
Denn unverweilt rückte nun der mit dein Kaiser ver-
bündete, als Feldherr und Staatsmann gleich ausgezeich-
nete Herzog Maximilian von Bayern mit dem
ligistischen und kaiserlichen Heere durch Österreich (wo er die
gleichfalls im Aufstand begriffenen Protestanten zum Gehor-
sam zurückbrachte) in Böhmen ein, und schlug das schlecht
geführte Heer des entmuthigten Friedrich 1620 in der
Schlacht am weißen Berg bei Prag so gänzlich, daß
Friedrich eiligst aus dem Lande floh, um im nördlichen Deutsch-
land Hülfe zu suchen. Hierauf erklärte ihn der Kaiser in die'
Acht und seiner pfälzischen Länder verlustig; die Böhmen aber
wurden hart bestraft und späterhin (1526) alle diejenigen
Protestanten, die nicht zur katholischen Kirche zurückkehrten,
unter Entziehung des größten Theils ihrer Habe, aus dem
Lande vertrieben.
Da sich nun die Union auflöste, nahm sich des geäch-
teten Kurfürsten Niemand an, als der Markgraf von
Baden- Durlach und die in pfälzischen Diensten stehenden
Söldncrführer Prinz Christian von Braunschweig-
H alberstadt und Graf Ernst von Mannsfeld, welche
beide letztere am Rhein einen Plünderungskrieg gegen die
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Extrahierte Personennamen: Mathias_von_Thurn Mathias Ferdinand Friedrich Friedrich Maximilian_von_Bayern Maximilian Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Christian_von_Braunschweig- Graf_Ernst_von_Mannsfeld Ernst
288
§. 97. Der westfälische Friede.
In diesem Frieden erhielten mehrere Reichsftände Ge-
bietsvergrößerungen; andere erlitten Gebietsschmälerungen;
andern wurde ihr voriges Besitzthum theils bestätigt, theils
wiederzurückgegeben (wie denn der älteste Sohn Friedrichs V
mit der Kurwürde auch die Pfalz, mit Ausnahme der Ober-
pfalz, welche bei Kurbayern blieb, wieder bekam); allen
Reichsfürsten aber wurde die Landeshoheit versichert;
— Schweden erhielt den größten Theil von Pommern
mit Rügen, jedoch unter deutscher Hoheit; —an Frank-
reich aber mußte das österreichische Elsaß und der
Sundgau nebst den Festungen Breisach und Phi-
lippsburg abgetreten werden; — der Schweiz
und den Niederlanden wurde die Unabhängigkeit zu-
erkannt ; den Protestanten, mit Einschluß der R e-
formirten, wurden die Vortheile des Passauer Vertrags
und des Augsburger Religionsfriedens ohne allen Vor-
behalt nebst dem Genüsse der bis zum Jahre 1624 einge-
zogenen geistlichen Güter zugestanden. — Unter dem Vor-
wand der Aufrechthaltung dieses Friedens wußte Frankreich
acht deutsche Fürsten durch den (älteren) Rheinbund mit
sich zu verbinden!
Der dreißigjährige Krieg hatte Deutschlands Wohlstand
völlig vernichtet: die Hälfte seiner Bewohner war durch
Schwert, Hunger und Seuchen umgekommen , viele Städte
waren zerstört, alle heruntergekommen, unzählige Dörfer
verwüstet, zum Theil vertilgt, viele Ländereien verödet;
Ackerbau, Gewerbfleiß und Handel gesunken, Wissenschaft
und Kunst gehemmt, großartige Werke und Schöpfungen
vieler Jahrhunderte zertrümmert und verschleudert, und was
das Schlimmste war, deutsche Sitte und Art schwer ver-
letzt , und manche dieser Wunden konnte selbst die Zeit nicht
mehr heilen.
Der Friede selbst hat, in religiöser Beziehung
zwischen Katholiken und Protestanten einen auf völliger
Gleichstellung beruhenden,unumstößlichen Rechts-
zuftand geschaffen, und das war für alle Folgezeit der
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Extrahierte Personennamen: Friedrichs
Extrahierte Ortsnamen: Friedrichs Schweden Pommern Breisach Niederlanden Frankreich Rheinbund Deutschlands
$. 98. Die englische Revolution.
269
wesentlichste Gewinn. Aber in politischer Hinsicht hat er
die Einheit Deutschlands gelöst, welches von da
an nur noch ein lockerer Bund von 300 großen und kleinen
Staaten von der verschiedensten Verfassung war, von denen
jeder, kraft voller Landeshoheit, mit auswärtigen Staaten
Bündnisse schließen und Krieg führen durfte, so daß nur
noch die Macht der Formen dem Reiche, wie dessen Ober-
haupte, „den Schein eines erneuerten Lebens lieh." —
Wenn gleich aus jenem Frieden „weder alles Gute, noch
alles Schlimme, was seitdem geschah," hergeleitet werden
kann, so ist doch die unverkennbar schlimmste Folge desselben
die gewesen, daß von nun an das fast noch hundert Jahre
lang wie betäubt und besinnungslos darniederliegende
Deut sch land dem verderblicheneinflussefrank-
reichs preis gegeben war.
2 Die englische Revolution.
Z. 98. In derselben Zeit, in welcher Deutschland durch den
dreißigjährigen Krieg zerfleischt wurde, hat auch England
schwere Bürgerkriege und gewaltsame Umwälzungen erfah-
ren, deren politische Triebfedern durch die Religion gespannt
wurden.
Auf Elisabeth's Nachfolger, den character - schwachen
Jakobi setzten die Katholiken große Hoffnungen; da er
aber gegen die Protestanten aufzutreten nicht den Muth hatte,
entstand 1605 die sogenannte Pulververschwörung,
welche ihn und das Parlament mit Einemmal aus dem Wege
räumen sollte, aber entdeckt und vereitelt wurde. Er starb
1625, vom Inland, wie vom Ausland gleichmäßig verachtet.
Die unter ihm gewachsene Macht des Parlaments suchte
hierauf Karl I zu beschränken, und als er bei seiner Nei-
gung zur Willkührherrschaft auf Widerstand stieß, regierte er
19
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Extrahierte Personennamen: Muth Karl_I Karl
Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Deutschland England
§. 90. Die Kämpfe Habsburg's mit Frankreich. 255
daran, ihren Bund zu erweitern, so daß nun auch Württem-
berg, Pommern, Anhalt und mehrere bedeutende Städte hin-
zutraten. Als sie hierauf 1536 den Bund auf weitere zehn
Jahre erneuerten, setzten die katholischen Fürsten ihm ein
katholisches Bündniß entgegen, an dessen Spitze Her-
zog Ludwig von B a y e r n und Herzog Heinrich von
Braunschweig standen.
Da jedoch der eifrigste Gegner der Reformation, Herzog
Georg von Sachsen starb und nun sein Bruder die Re-
formation in Dresden und Leipzig einführte, und
da auch in Brandenburg nach Joachim's I Tode der
Bruder desselben, Joachim Ii, zur Reformation übertrat: so
hatten die Protestanten die günstigsten Aussichten, zumal der
Kaiser sie schonte und fort und fort daran arbeitete, den Papst
zu einem Concilium zu vermögen. Aber dieser suchte einem
Concil möglichst auszuweichen, weil er die Politik des Kai-
sers durchschaute, der einerseits durch eine Wiederverei-
nigung der in der Religion getrennten Theile seine Macht
in Deutschland, anderseits durch Einschränkung
der päpstlichen Gewalt seine Herrschaft in Ita-
lien dauernd befestigen zu können glaubte.
Daher Versuchtees nun der Kaiser, auf eigene Hand eine
Wiedervereinigung der beiden Religionsparteien durch soge-
nannte Religionsgespräche, insbesondere
1341 durch das Religionsgespräch zu Regensburg zu
Stande zu bringen; allein so nahe man sich wenigstens bei
diesem letztern kam, so war doch keine völlige Verständigung
möglich. Dagegen erstreckte der Kaiser den Nürnberger Frieden
wieder, weil er der Hülfe der Protestanten gegen die Türken,
die er gern (1542) aus' Ungarn vertrieben hätte, benöthiget
war.
Da aber dieser Kriegszug ohne Erfolg ablief, so begann
nun König Franz von Frankreich im Bunde mit i>en Tür-
ken, Dänen, Schweden und dem Herzog von Cleve
seinen vierten Krieg gegen den Kaiser. Um daher in dem
bevorstehenden Kampfe nicht allein zu stehen, weil der Papst
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Extrahierte Personennamen: Ludwig_von_B Ludwig Heinrich_von
Braunschweig Heinrich Georg_von_Sachsen Joachim_Ii Franz_von_Frankreich Franz Cleve
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Pommern Dresden Leipzig Brandenburg Deutschland Ita- Ungarn Schweden